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Mentale Wettkampfvorbereitung

Aus Shooting.Wiki DE

(Weitergeleitet von Mentales Training)

Es wird beim Schießsport sehr viel Wert auf Ausrüstung, Technik, Training etc. gelegt. Dabei wird das Mentale Training (=das Training im Kopf) sehr oft zu wenig oder gar nicht beachtet. Allerdings bietet das Mentale Training zum einen Hilfen zur Selbstregulation, zum anderen ist es mindestens eine Erweiterung und Festigung des Techniktraining. Es hilft die praktisch gelernte Technik deutlich besser zu verinnerlichen und was noch wichtiger ist: Es hilft gerade in stressigen Situationen einen Plan zur Hand zu haben, der uns sicher durch diese Situationen bringt.

Mentales Training

Voraussetzungen für das mentale Training

Die Technik wurde bereits gelernt

Zum Neuerlernen einer Technik ist das MT nicht geeignet. Es hilft aber umso mehr sich eine ordentlich gelernte Technik zu verinnerlichen und festigen. Beim MT macht man sich die Technik und Handlungsabläufe sehr bewusst und macht dem Gehirn die Informationen noch "schmackhafter". Gleichzeitig trainiert man damit die Technik und Abläufe im Gehirn und automatisiert Handlungsabläufe. Einfachstes Beispiel: Autofahren. Am Anfang muss man bewusst aufs Kuppeln, Gas geben, Bremsen, Schalten - einfach alles mögliche - achten. Irgendwann sind diese Abläufe im Gehirn trainiert und sie laufen automatisch ab. Das MT beschleunigt dieses Training und die Automatisierung von Abläufen.

Das MT wird genauso ernst genommen wie das normale Techniktraining oder ein Wettkampf

Man kann beim MT auch Fehler trainieren. Das MT ist genauso wichtig und ernst zu nehmen, wie alles andere. Nur wenn es mit voller Konzentration und Ernsthaftigkeit durchgeführt wird, wird es sich positiv auf die Technik und letztendlich das Ergebnis auswirken.

Das Körpergefühl und die Wahrnehmung ist gut geschult

Beim MT muss man sich neben dem Sportgerät und Abläufe auch Gefühle, Gerüche, Gegenstände, kurz: seine komplette Umwelt vorstellen können. Nur so schafft man sich die selbe Atmosphäre wie im realen Training und kann sich Handlungspläne für kritische Situationen zurecht legen.

Vorübungen

Entspannung

Um effektiv mental Trainieren zu können, muss ich weitestgehend entspannt sein. Hier wollen wir zwei einfache Übungen zum Entspannend vorstellen.

Bewusste Bauchatmung

Man legt sich in einen ruhigen und möglichst dunklen Raum. Allein dadurch werden die meisten Reize schon abgeschalten. Es sollte nirgends eine Kraft notwendig sein, um seinen Körper in seiner Lage halten zu müssen. Bei jedem Atemzug versucht man sich ein wenig weiter zu entspannen. Eine Möglichkeit: man zählt langsam von 10 bis 1 und achtet bewusst auf die Bauchatmung und ist bei "1" so entspannt wie möglich.

Progressive Muskelentspannung

Ähnlich wie bei der vorherigen Übung legt man sich entspannt hin. Jetzt werden aber in einer festen Reihenfolge (entweder vom Kopf oder vom Fuß beginnend) nacheinander einzelne Muskeln bewusst angespannt und dann wieder entspannt. Mit jedem Durchlauf entspannt sich der Körper insgesamt mehr. -> Wikipedia: progressive Muskelentspannung

Visualisieren / Das Bild der Kerze

Stellt man sich Dinge vor dem "geistigen Auge" vor, so nennt man das Visualisieren. Dabei erinnert man sich also an vorhandene Bilder und andere Reize (z. B. Geruch, etc.). Das Gehirn unterscheidet letztendlich nicht zwischen "echten" Reizen (z. B. was die Augen gerade sehen) oder Dingen, die wir uns vorstellen. Bevor man sich komplexe Techniken / Handlungsabläufe vorstellt, fängt man mit einfachen Dingen an. So sollte grundsätzlich ja Trainiert werden: Vom einfachen zum schwierigen. Wir verwenden als Übung eine brennende Kerze. Am besten in einem ansonsten dunklen Raum, um erstmal mit wenigen Reizen anzufangen. Man nimmt sich ein paar Minuten Zeit und versucht sich so viele Details wie möglich einzuprägen. Aussehen, Größe, Farben, Bewegungen der Flamme, etc. Anschließend macht man die Augen zu. Nun kommt das Visualisieren: Versuche dir die Kerze so detailiert wie irgendwie möglich vorzustellen. Auch hierfür kann man sich Zeit nehmen, bis man ein konkretes Bild vor Augen hat. Nun öffnet man die Augen wieder und vergleicht: Haben die Details gestimmt? Habe ich etwas vergessen? Habe ich mich "falsch" erinnert? Diese Übung wird so lange wiederholt, bis das Bild im Kopf dem realen Bild der Kerze entspricht. Dann steigert man sich mit anderen Gegenständen, evtl. mal mehrere Gegenstände gleichzeitig, usw.

Visualisieren als Mentales Training fürs Schießen

Wenn das Visualisieren der Vorübungen gut funktioniert, kann man dahzu übergehen es für das Schießen einzusetzen: Man visualisiert sich das Einsetzen des Gewehrs in die Schulter, man visualisiert das Abziehen usw. Auch hier: von einfachen Handlungen zu komplexeren vorarbeiten. Wie man gesehen hat, muss man sich sehr viel mit dem Gegenstand oder dem Handlungsablauf beschäftigen, um ihn später visualisieren zu können. Das hat den Vorteil, dass man sich damit die Informationen schon einprägt. Und je besser die Informationen eingeprägt sind, desto leichter kann man sie auch in stressigen Situationen abrufen bzw. desto leichter laufen die Handlungen automatisiert ab und der Schütze kann sich beim Schießen auf die wichtigsten Punkte konzentrieren.

Alles nur Einbildung oder funktioniert es?

Oft kommt bei der Diksussion über MT der Einwand: "Was soll das bringen sich etwas vorzustellen? Bringt das was?". Eine kleine Übung soll zeigen, dass sehr wohl allein die Vorstellung bereits Reaktionen im Körper auslöst. Es ist natürlich kein Beweis für die Wirkung des MT, aber dafür, dass die Gedanken unbewusst den Körper steuern.

Man stelle sich eine pralle, frische Zitrone vor. Dunkelgelb ist sie, man fühlt die charakteristische Oberfläche ihrer Schale. Den sauren Geruch hat man jetzt schon in der Nase. Dieses Bild der Zitrone halten wir etwas in Gedanken und versuchen der Zitrone so viele Details wie möglich zu geben. Nun schneiden wir die Zitrone in Gedanken in zwei Hälften. Etwas Fruchtsaft tropft dabei auf das Schneidbrett. Der Geruch wird immer intensiver. Nun nehmen wir diese Zitrone und beißen in die halbe Zitrone. Wir schmecken den sauren Geschmack und spüren die Reaktionen auf den Lippen, der Zunge und im Mund.

- Vor dem Weiterlesen bitte erst den Versuch machen -

So, wenn man nach dem Versuch die Augen öffnet, ist bei den meisten Personen folgendes passiert: in dem Moment, in dem man sich vorstellt in die Zitrone zu beißen, hat man unbewusst das Gesicht verzogen. Und es wurde unbewusst der Speichelfluss im Mund angeregt. Die Zitrone war nur in unseren Gedanken, hat es aber geschafft unbewusst unser Handeln und sogar den Körper zu beinflussen.


Das Gehirn unterscheidet bei Reizen nicht, ob diese real oder vorgestellt sind. Mit entsprechender Übung kann man mit seinen Gedanken den Körper beinflussen und eben auch mental Trainieren.

Konkret: Was bringt es beim Schießen?

  1. Erlernte Techniken können durch Visualisieren intensiviert werden. Allein dadurch, dass man sich mit der Technik intensiv beschäftigt, um sie visualisieren zu können, festigt man sie.
  2. Bewegungsabläufe automatisieren: z. B. das Einsetzen des Gewehrs kann nach genug Übung am Schießstand mit dem Mentalen Training vertieft werden. Der Handlungskomplex Atmen-Zielen-Abziehen bietet sich extrem dafür an, im mentalen Training "bearbeitet" zu werden. Gerade der automatisierte Ablauf von Atmen, Zielen, Anziehen ist beim Schießen einer der wichtigsten. Je öfter er real trainiert wird und im mentalen Training vertieft und intensiviert wird, desto sicherer funktioniert der korrekte Ablauf auch in stressigen Situationen.

Psychregulation

Mit Psychoregulation ist eine bewusste Aktivierung/Beruhigung des Körpers mit Hilfe von Selbstprogrammierung, Atmung, etc. gemeint.

Die positive Grundeinstellung

"Die erste Bayerische (Meisterschaft) geht ja eh in die Hose". Diesen Satz bekam ich am Wochenende von einem meiner Jungschützen zu hören. Leider ein absolutes Negativbeispiel der persönlichen Motivation/Einstellung. Wenn man sich derartige Sachen einredet, arbeitet man unbewusst darauf hin. "Wer denkt oder sagt 'ich kann nicht', setzt sich selbst nur Grenzen" und macht sich das Leben selbst unnötig schwer. Aus diesem Grund MUSS die Einstellung immer positiv formuliert sein. Auch wenn oder gerade weil die anstehende Aufgabe schwer erscheint, sollte man so viel positives wie möglich für sich rausziehen und auch eine entsprechende Motivation zurechtlegen. Im Falle meines Jungschützen habe ich ihm geraten sich lieber so selbst zu "programmieren":

  • "Ich darf auf der Bayerischen Meisterschaft schießen"
  • "Ich habe die Quali geschafft und darf nach München"
  • "Ich freue mich darauf in München schießen zu können"

Solche Sätze sollten immer in der "ich"-Form formuliert sein. Und vor allem: positiv!

Wer motiviert an eine Herausforderung rangeht, wird viel erfolgreicher sein, wie jemand, der im vornherein schon die Herausforderung abgeschrieben und vielleicht sogar schon Ausreden parat hat.

Wie kann ich mich in stressigen Situationen beruhigen

Gleich vorweg: Es gibt keine Möglichkeit die Wettkampfnervosität abzustellen. Man kann sich etwas regulieren und vor allem lernen damit umzugehen. Nervosität hat auch Vorteile: man nimmt Dinge bewusster wahr, man ist also aufmerksamer. Zur Regulation kann ich mich wie bei der positiven Grundeinstellung selbst programmieren:

  • "Ich bin ruhig"
  • "Dieser Wettkampf fordert mich und ich freue mich darauf"
  • etc.

Jeder kann für sich selber positive Sätze formulieren, mit denen er seine Motivation steigern kann. Diese kann man sich direkt vor dem Wettkampf in ein paar ruhigen Minuten vorsagen oder auch direkt im Stand.

Atmung

Auch mit der Atmung kann ich mich beruhigen: Während des Schießens sollte man fast ausschließlich die Bauchatmung verwenden. Beim Atmen hebt sich die Brust also nicht, sondern es bewegt sich nur der Bauch. Die Bauchatmung aktiviert den Parasympathikus ("Ruhenerv"), der den Puls und Blutdruck senkt. Der Körper beruhigt sich insgesamt.